Please activate JavaScript!
Please install Adobe Flash Player, click here for download

FH-Ludwigshafen - Spektrum Oktober 2010

27 Herr Ebli, auf dem „Zulassungsantrag Bachelor“ Ih- res Studiengangs muss der Interessent seine „Durch- schnittsnote“ angeben. Finden Sie das sozial? Ebli: In seiner umgangssprachlichen Deutung ver- weist der Begriff „sozial“ auf die Eigenschaft einer Person, auch das Wohl anderer im Blick zu behalten oder – verlängernd – auf eine besondere Art und Weise, das gesellschaftliche Miteinander zum Woh- le aller zu organisieren. In diesem Sinne kann dann gefragt werden, wie die Vergabe von Studienplätzen nach individuellen Durchschnittsnoten grundsätz- lich zu beurteilen ist. Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen Note und sozialer Position? Das deutsche dreigliedrige Bildungssystem fällt dadurch in internationalen Vergleichen auf, dass gerade die sozioökonomische Herkunft der Schü- lerinnen und Schüler über Schulerfolg und Bil- dungschancen entscheidet und dass es damit soziale Ungleichheiten reproduziert. In diesem Sinne wirkt auch eine Regelung des Zugangs über die Zensuren, ja. Darüber hinaus frage ich mich ganz grundsätz- lich, ob es eine gute Idee ist, Bildungsprozesse auf Prüfungen und die Vergabe von – auch hinsichtlich ihrer Aussagekraft immer wieder kritisierten – Zen- suren zuzuspitzen. Was ist „sozial“ in Lehre & Forschung des FB Sozial- und Gesundheitswesen? Ebli: Die Lehrenden haben zumindest ein ähnliches Verständnis von dem, was als Ansprüche an die Ge- staltung des sozialen Miteinanders zu stellen ist, und kritisieren daher die aktuellen Tendenzen der Öko- nomisierung des Sozial- und Gesundheitswesens. Das Kollegium hat dies an anderer Stelle so formu- liert: „Die aktuellen ökonomischen, politischen und sozialen Entwicklungen treffen als sich verschärfen- de Ungleichheitsverhältnisse und Ausschließungs- prozesse Menschen und schwächen viele in ihren Versuchen, ihr Leben selbständig zu führen und das Soziale zu gestalten. Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens, die in Krisen der Lebensfüh- rung hilfreiche Ressourcen zur Bewältigung bereit- stellen können, müssen ihr Handeln zunehmend im Hinblick auf den Nutzen für die Standortkon- kurrenz legitimieren. Durch diese Vereinseitigung werden die Möglichkeiten partizipationsorientierter Hilfen (und das öffentliche Bewusstsein der Be- dingungen sozialen Zusammenhalts) stark einge- schränkt. Ein Fachbereich Sozial- und Gesundheits- wesen hat diese Prozesse zu kritisieren, die Kritik zu artikulieren und damit in die diskursive Auseinan- dersetzung zu tragen“. Diese Orientierung spiegelt sich in Lehre und Forschung wider und auch in der Auseinandersetzung mit allgemeinen und spezifi- schen bildungs- und hochschulpolitischen Entwick- lungen. Ihr Fachgebiet war 36 Jahre lang (1971 bis 2007) als „Evangelische Fachhochschule Ludwigshafen – Hoch- schule für Sozial- und Gesundheitswesen“ eine eigen- ständige Hochschule. Noch dazu eine konfessionelle, also doch eher an Nächstenliebe ausgerichtete FH. Wie fühlen Sie sich heute als Dekan des einzigen Sozi- al- und Gesundheitswesen-Studiengangs in Deutsch- land, der inmitten einer BWL-Hochschule wirkt? Zunächst einmal war das Denken und Handeln an der damaligen Evangelischen Fachhochschule an Kriterien der Wissenschaftlichkeit ausgerichtet. Verbindend und prägend scheinen mir die gemein- samen Bezüge zum Sozial- und Gesundheitswesen zu sein, damit zu den Erfahrungen, die Menschen in schwierigen Situationen und die beruflich Enga- gierten in den entsprechenden institutionellen Ge- fügen machen. Eine gleichberechtigte Fusion zwei- er Hochschulen hat es freilich nicht gegeben, was nach Lage der Dinge aber auch nicht zu erwarten war. Letztlich wurde vor mehr als zwei Jahren die Eingliederung der Hochschule für Sozial- und Ge- sundheitswesen in die Hochschule für Wirtschaft, einer Hochschule mit ebenfalls langer und erfolgrei- cher Tradition, betrieben. Das dadurch entstandene Gefüge ist weiterhin geprägt durch eher wirtschafts- wissenschaftliche Fachbereiche und daran entwickel- ten Strukturen und Routinen. Das stellt uns vor eine Reihe von Unsicherheiten und Unklarheiten, sowohl hinsichtlich der finanziellen und personellen Ausstattung als auch hinsichtlich der Organisation von Verwaltungsabläufen. Und? Kriegen Sie das hin? Ich denke, dass wir im Prozess der Neuorientie- rung auf einem guten Weg sind. Dabei erlebe ich meine Kolleginnen und Kollegen als außerordent- lich engagiert und reflektiert. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hochschulverwaltung– im Spektrum-Interview mit Prof. Ebli Lehre & Forschung Chance auf Ludwigshafener Diskurs