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Spektrum Januar 2011

Aktuell 8 In der gesundheitspolitischen Diskussion über die Finanzierbarkeit der Gesetzlichen Krankenversi- cherung (GKV) werden vornehmlich drei Ansatz- punkte diskutiert, wie die GKV finanziell „wetter- fest“ gemacht werden kann: erstens Steigerung der Effizienz des Mitteleinsatzes im Sinne von Ratio- nalisierung. Zweitens Vermeidung von Leistungs- ausgaben durch Prävention. Drittens Verbreiterung des Finanzzuflusses durch Steuerzuschüsse oder er- weiterte Zuzahlungen durch die Versicherten. Die Leistungsansprüche der Versicherten als vierter An- knüpfungspunkt werden demgegenüber – so weit als möglich – von der Diskussion ausgenommen. Knappe Ressourcen An dieser gesundheitspolitischen Leerstelle setzt das Thema Priorisierung an. Für die deutsche Ärz- teschaft stellte Prof. Dr. med. Christoph Fuchs, Hauptgeschäftsführer der Bundesärztekammer, klar, dass das Thema Priorisierung nicht für eine weite- re Debatte um die ärztliche Vergütung im Gesund- heitswesen genutzt werden solle. Vielmehr gehe es um grundsätzliche Fragen der Verteilung knapper Ressourcen wie Zeit, Zuwendung oder Spenderor- gane. In Übereinstimmung mit den anderen Refe- renten stellte er fest, dass Priorisierung von Gesund- heitsleistungen, man denke nur an die Zuteilung von Spenderorganen oder die Aufnahme neuer Behand- lungsformen in den Leistungsumfang der GKV, längst Realität sei. Er forderte neue organisatorische Ansätze, die mehr Transparenz und Nachvollzieh- barkeit der Priorisierungsentscheidungen gewährleis- ten sollten. Sein Vorschlag: Einrichtung eines in- terdisziplinär besetzten, demokratisch legitimierten Gesundheitsrates, der über die Priorisierung von Gesundheitsleistungen entscheidet und die Gremi- en der Selbstverwaltung in dieser Funktion ablöst. Wie Prof. Dr. rer. pol. Manfred Erbsland, Fach- hochschule Ludwigshafen am Rhein, zeigte, wäre es ökonomisch nicht sachgerecht, die Leistungsseite auszublenden, wenn es um die Finanzierbarkeit der GKV geht. Eine effiziente Mittelverwendung setze Gesundheitsökonomische Gespräche Denkwerkstatt etabliertvon Eveline Häusler Am 8. Oktober 2010 fanden in der Aula in der Ernst-Boehe-Straße die 8. Gesundheitsökonomischen Gespräche statt (siehe Spektrum 1). Unter reger Beteiligung von 120 externen Teilnehmern sowie zahlreichen Studenten galten Vorträge und Diskussionen der „Priorisierung bei Gesundheitsleistungen“. Der Vielschichtigkeit des The- mas trugen namhafte Referenten unterschiedlicher Disziplinen Rechnung. auch im Gesundheitsbereich die Priorisierung der verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten – hier der diagnostischen, therapeutischen und pflegeri- schen Maßnahmen – voraus. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass zu viel „unwichtige“ und zu wenig „wichtige“ Leistungen erbracht würden. Trete Mit- telknappheit hinzu, sei Priorisierung die Vorausset- zung für eine gezielte, bei den als nachrangig einge- stuften Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten ansetzende Leistungsbeschränkung. Priorisierung gehe dann in Rationierung über. Gleichzeitig sei Priorisierung ohne Rationierung nicht sinnvoll, son- dern Ressourcenverschwendung. Prof. Erbsland stellte die Kosten-Nutzwert-Analyse als ein Instrument vor, das beispielsweise in Groß- britannien bereits als Entscheidungshilfe bei der Priorisierung von Gesundheitsleistungen eingesetzt werde. Er warnte aber davor, sich ausschließlich auf solche Instrumente zu verlassen, denn sie könnten, wie er am Beispiel der USA darlegte, zu widersin- nigen Entscheidungen führen: beispielsweise zu Gunsten einer Zahnkrone und gleichzeitig gegen eine überlebenswichtige Blinddarm-Operation. Er empfahl das Heranziehen weiterer Kriterien zur Entscheidungsfindung über Priorisierung von Ge- sundheitsleistungen und plädierte für eine offene, explizite Priorisierung. Ökonomie oder Ethik? Wie der weitere Verlauf der Tagung zeigte, ist die Differenz zwischen ökonomischer und ethischer Sichtweise geringer als mancher Tagungsteilneh- mer erwartet hatte. PD Prof. Dr. theol. Hans-Ulrich Dallmann, Fachhochschule Ludwigshafen, brachte denn auch keine grundsätzlichen Argumente gegen Priorisierung und Rationierung von Gesundheitslei- stungen vor. Aus ethischer Sicht komme es vor allem auf die der Priorisierungsentscheidung zugrundelie- genden Kriterien an. Kosten-Nutzen-Überlegungen könnten ein, aber nicht der alleinige Maßstab sein. Prof. Dallmann diskutierte verschiedene ethische Ansätze und die sich daraus ableitenden Kriterien zur Bildung einer Rangfolge medizinischer Leistun-