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HWG LU trauert um Prof. Dr. Ellen Bareis

Am 8. März ist unsere langjährige Kollegin, ehemalige Dekanin und Vizepräsidentin Prof. Dr. Ellen Bareis in Frankfurt am Main im Alter von 56 Jahren verstorben. Ellen Bareis hatte seit 2011 die Professur „Gesellschaftliche Ausschließung und Partizipation“ am Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen inne. Dem Fachbereich war sie schon länger verbunden, schon im Wintersemester 2009/2010 wurde ihr eine Vertretungsprofessur übertragen.

Ellen Bareis stammte aus dem Schwäbischen, aber ihr Lebensmittelpunkt lag lange Jahre in Frankfurt am Main, wo sie seit 1992 Soziologie studierte und 1999 abschloss. Dem Studium folgte eine Dissertation, die 2007 mit dem Titel „Verkaufsschlager. Urbane Shoppingmalls – Orte des Alltags zwischen Nutzen und Kontrolle“ veröffentlicht wurde. Mit dieser Arbeit deutet sich schon eines der Themen an, die sie kontinuierlich verfolgt hat: Für sie war Alltag als Perspektive der zentrale Fokus. In dem von ihr gemeinsam mit Helga Cremer-Schäfer (Frankfurt) gegründeten und später mit Joachim Weber veranstalteten (Mannheim) Forschungskolloquium, das sie ehrenamtlich betrieben hat, spiegelt sich das im Titel wider: „Alltag. Demokratie. Soziale Arbeit. Widersprüche der Produktion des Sozialen from below“. In diesem Projekt zeigt sich auch, wie sehr ihr an Nachwuchsförderung gelegen war, wie aufgeschlossen sie für studentische Belange war.

Neben der Promotion hatte sie eine reichhaltige Forschungs- und Berufspraxis: eine Anstellung am renommierten „Institut für Sozialforschung“ in Frankfurt, Forschungsprojekte mit dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie in Hessen, mit medico international zur Situation in französischen Banlieues (die Verbindung mit Frankreich war ihr immer wichtig geblieben), mit dem Institut für Stadt- und Regionalentwicklung der Frankfurter Fachhochschule und weiteren Stellen als wissenschaftliche Mitarbeitende. Schon früh engagierte sie sich in der Lehre, als Lehrbeauftragte an der TU Darmstadt und der Goethe Universität in Frankfurt. Seit 2009 dann eben auch an unserem Fachbereich.

Am Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen hat sich Ellen Bareis sofort konstruktiv und engagiert eingebracht; mit Hans Ebli entwickelte sie den konsekutiven Masterstudiengang Soziale Arbeit, der zum Sommersemester 2012 startete. 2013 wurde sie Prodekanin, sie erarbeitete mit Matthias Schulz die Forschungskonzeption des Fachbereichs und wurde 2015 (Nachfolge Hans Ebli) zur Dekanin gewählt. 2019 folgte die Wahl zur Vizepräsidentin (Nachfolge Hans Ulrich Dallmann) für die Bereiche Studium & Lehre, Qualitätsmanagement und das neu geschaffene Ressort Kunst & Kultur. In dieser zentralen Leitungsfunktion lag ihr die weitere interdisziplinäre Verzahnung der Fachbereiche, die Weiterentwicklung der Gesundheitsstudiengänge oder der Ausbau von hochschuldidaktisch besonderen Lehr-Lern-Formen wie zum Beispiel dem „forschenden Lernen“ besonders am Herzen. Auch die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft zur Verschönerung des Campus geht auf ihre Initiative zurück.

Ellen Bareis war eine Forscherin, neugierig, interessiert an nur scheinbar Alltäglichem ebenso wie an Strukturen und Prozessen. 2011 organisierte sie mit Thomas Wagner eine Veranstaltungsreihe „Politik mit der Armut“, aus der eine Publikation entstand („Politik mit der Armut. Europäische Sozialpolitik und Wohlfahrtsproduktion ‚von unten‘“, 2015). 2014 übernahm sie die Projektleitung des Kooperationsprojekts „E hoch B“ (zusammen mit Doris Arnold). Weitere Aktivitäten waren, um nur einige zu nennen, 2014 das Projekt „lnterkulturalität und Diversity in der Lehre am Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen“ (zusammen mit Antje Reinhard, im Rahmen des Diversity-Projektfonds der Hochschule), 2016 eine wissenschaftliche Begleitforschung zur Unterbringung Geflüchteter (zusammen mit Christine Resch), 2020 das Projekt „LU*ludens – ein performatives Denkspiel der Stadt (BASF Tor 4)“ (zusammen mit Antje Reinhard) oder 2021 „Neustrukturierung der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus RLP – Wissenschaftliche Begleitforschung und Organisationsentwicklung („Stadt, Raum, Quartier – Forschungsstelle Soziale Arbeit“; zusammen mit Maria Diedrich). Dass sie mit ihrer Umtriebigkeit auch aneckte, überrascht kaum, dass es andere anspornte, ebenso wenig. Ihrem Selbstverständnis nach war sie kritische Sozialwissenschaftlerin und Aktivistin – für Letzteres blieb ihr, ihrer eigenen Einschätzung nach viel zu wenig Zeit. Ideen zu weiteren wissenschaftlichen und politischen Projekten hatte sie viele – sie werden nun leider Ideen bleiben.

„Für uns als Fachbereich und als Kolleg*innen ist es unfassbar traurig, dass Ellen Bareis verstorben ist. Es zeichnete sich aufgrund einer lebensbedrohlichen Krankheit ab – aber gerade in ihrer Abwesenheit zeigt sich, welch großer Verlust dies für uns ist.“, so Dekan Hans-Ulrich Dallmann.

„Auch für die Hochschule als Ganzes ist der Tod von Frau Prof. Ellen Bareis ein großer Verlust“, so Hochschulpräsident Prof. Dr. Gunther Piller stellvertretend für die ganze Hochschulleitung. „Sie war bis zum Schluss voller Ideen und Zuversicht und wird uns als treibende Kraft in Lehre und Forschung, aber natürlich auch als geschätzte Kollegin und Mensch sehr fehlen.“

 

Ellen Bareis
Prof. Dr. Ellen Bareis (Bild: HWG LU)
Ellen Bareis
Prof. Dr. Ellen Bareis (Bild: HWG LU)