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Alumna Dr. Mechthild Löwenstein, berufsbegleitendes Studium Pflegepädagogik

„Das Studium hat meine berufliche und Persönliche Weiterentwicklung entscheidend geprägt“

Mechthild Löwenstein, Jahrgang 1958, absolvierte als gelernte Kinder- und Krankenschwester und Schulleiterin der Pflegeschulen am Klinikum Aschaffenburg an der Hochschule Ludwigshafen von 2006 bis 2008 den berufsbegleitenden Studiengang Pflegepädagogik und schloss diesen 2008 als Diplom-Pflegepädagogin (FH) erfolgreich ab. 2011 startete Löwensteine zudem parallel zu ihrer Tätigkeit als Schulleiterin ihr Promotionsstudium im Bereich Pflegewissenschaft mit Schwerpunkt Pflegepädagogik an der Privaten Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik / UMIT Hall in Tirol und wurde 2015 mit dem Thema „Förderung der Lernkompetenz in der Pflegeausbildung – Lehr-Lern-Kultur durch Lernportfolios verändern“, betreut durch den Ludwigshafener Pflegeexperten Professor Dr. Karl-Heinz Sahmel, promoviert. Heute ist Mechthild Löwenstein selbst als Professorin für Pflegepädagogik tätig. Sie lehrt und forscht seit 2016 an der Hochschule Esslingen. SPEKTRUM sprach mit Mechthild Löwenstein über ihre Studienzeit in Ludwigshafen, die Praxistauglichkeit ihres Studiums, die gute Beziehung zu ihrem damaligen Studiengangsleiter und die Parallelen zu ihrer eigenen Lehrtätigkeit.

SPEKTRUM: Frau Prof. Dr. Löwenstein, Sie haben an der damaligen Evangelischen Fachhochschule (EFH) berufsbegleitend Pflegepädagogik studiert. Heute sind Sie selbst Professorin an einer Hochschule. Haben Sie aus Ihrem Studium entscheidende Impulse für die Lehre mitgenommen?

Ja, das damalige Studium hat meine berufliche und persönliche Weiterentwicklung entscheidend geprägt. Der Studiengang hatte den großen Vorteil, dass alle Studierenden bereits mehrjährige Berufserfahrungen aus der theoretischen und praktischen Pflegeausbildung einbringen konnten. So fand im Studium von Beginn an ein intensiver Austausch zwischen Praxis und Wissenschaft statt.

Die Verknüpfung von Pädagogik, Gesundheitswissenschaft und Pflegewissenschaft war in dem berufsbegleitenden Studiengang zielführend konzipiert, was ich für die Entwicklung der Pflegebildung und auch für die Ausübung von professioneller Pflege in allen Handlungsfeldern noch heute für wichtig erachte.

Impulse für die Hochschullehre konnte ich nicht nur auf inhaltlicher, sondern auch auf pädagogisch-didaktischer Ebene mitnehmen. So hat uns zum Beispiel Professor Dr. Karl-Heinz Sahmel, der Organisator dieses Studienganges, damals sehr eindrücklich und vorbildlich zentrale Aspekte für ein erfolgreiches Studium vorgelebt und diese auch von uns eingefordert. Die Notwendigkeit von umfangreichem und intensivem Lesen der Primärliteratur und die Bedeutung von kritischem Denken im wissenschaftlichen Diskurs haben wir im gesamten Studium erfahren. Was dann auch zum Erfolg geführt hat.

Als weitere wertvolle Impulse für die eigene Hochschullehre nehme ich die Begegnung auf Augenhöhe und das gemeinsame Gestalten der Seminare mit. Auch die Studierenden so zu begleiten, dass sie ihren individuellen Weg gehen können, habe ich in Gesprächen mit Professor Sahmel sowohl im Diplomstudium und später im Promotionsstudium erleben können. Diese Form der Lernprozessbegleitung setze ich nun bei meinen Studierenden regelmäßig und mit Freude um.

Und für die Forschung?

In Bezug auf die Forschung habe ich zunächst das Lernen in der Pflegeausbildung aller drei Ausbildungsjahre quantitativ untersucht. Auf der Grundlage der Ergebnisse habe ich mich danach für die methodologische Ausrichtung von Erkenntnisgewinn in Kombination mit Praxisgestaltung, im Sinne der entwicklungsorientierten Bildungsforschung, entschieden. Nach meinem Verständnis und jahrelangen Erfahrungen können nachhaltige Innovationen in der Bildungspraxis nur durch die Verknüpfung von wissenschaftlichen Erkenntnissen mit Rückmeldungen und Erfahrungen der Akteure in der Praxis und unter Einbeziehung der Komplexität der Lernumgebung gelingen.

Hat Ihnen das Studium auch für Ihre Tätigkeiten als Schulleiterin am Klinikum Aschaffenburg genutzt?

Was mir an diesem Studium besonders gefallen hat, war die unmittelbare Umsetzung von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Berufspraxis. So habe ich in Zusammenarbeit mit dem Lehrerteam zum Beispiel direkt nach dem Vordiplom kompetenzorientierte Prüfungen und aktuelle Themen der Pflege- und Gesundheitswissenschaft in die Pflegeausbildung erfolgreich integriert.

Bereits 2006 hat mich die Frage beschäftigt, wie ich Reflexionsfähigkeit in der Pflegebildung anbahnen und damit Lehren und Lernen in der Pflegeausbildung weiterentwickeln kann.

Ich stellte mir zunehmend die Frage: „Wie kann es gelingen, dass Auszubildende mehr Freude am Lernen haben?“ und „Wie können Stärken und Schwächen der Auszubildenden transparent dargestellt werden?“

So bin ich auf das Portfoliokonzept aufmerksam geworden und habe dieses zunächst in meiner Diplomarbeit mit selbstgesteuertem Lernen und Schulentwicklung in Verbindung gebracht.

Die konkrete Entwicklung und Implementierung eines innovativen Lernportfolios in zwei Pflegeschulen konnte ich dann im Rahmen meines Promotionsstudiums umsetzen. Mit dem Konzept „Förderung der Lernkompetenz in der Pflegeausbildung – Lehr-Lern-Kompetenz durch Lernportfolios verändern“ sind die Pflegeschulen am Klinikum Aschaffenburg 2014 als die innovativsten Beruflichen Schulen Bayerns ausgezeichnet worden. Die Stiftung Bildungspakt Bayern bestätigte den Erfolg mit dem 1. Preis ‚Innere Schulentwicklungsinnovationspreis 2014’ mit dem Ergebnis „Lernportfolios fördern effektives Lernen, motivieren und entwickeln Reflexionskompetenz!“.

Ich könnte Ihnen sicher noch viele Entwicklungen in den Pflegeschulen aufzählen. Für die aktive Beteiligung an den kontinuierlichen Weiterentwicklungen der Pflegeschulen waren meine wissenschaftlichen Kenntnisse der Pädagogik als auch den Gesundheits- und Pflegewissenschaften sicher förderlich.

Was hat Sie damals bewogen, in Ludwigshafen zu studieren?

Mit den Weiterentwicklungen und gesetzlichen Anforderungen des Krankenpflegegesetzes 2003 war ich auf der Suche nach einer Möglichkeit, mir aktuelles Wissen möglichst in kurzer Zeit anzueignen. Die Aufgaben als Schulleiterin, das Lehrerteam professionell und fachlich zu beraten und die Ausbildungsqualität weiterzuentwickeln, waren nach meiner Einschätzung mit dem Lesen von Fachliteratur und Besuchen von Fortbildungen nicht mehr ausreichend.

Die Fachhochschule Ludwigshafen hat damals in Kooperation mit der Kaiserswerther Diakonie den in Deutschland einmaligen berufsbegleitenden Studiengang Diplom Pflegepädagogik angeboten. Dieser 

hat auf der zweijährigen Weiterbildung zur Lehrerin für Pflegeberufe aufgebaut und hat gleichzeitig drei Semester auf das Diplomstudium anerkannt.

So konnten wir in einem Semester das Vordiplom absolvieren und dann das Hauptstudium beginnen. Auch die Organisation von fünf Präsenztagen pro Monat immer über ein Wochenende und/oder Feiertage war berufsbegleitend umsetzbar. Was aber gleichzeitig bedeutete, dass ein ausgeprägtes Zeitmanagement und hohe Lesekompetenz erforderlich waren. Ja, und die Freizeit war natürlich erheblich reduziert und hat nicht selten die Familie gefordert.

Neben mehreren Hausarbeiten, schriftlichen und mündlichen Prüfungen war eine Forschungsarbeit sowie die abschließende Diplomarbeit in fünf Semestern zu erbringen. Mit dem Bilden von Lerngruppen und intensiver Netzwerkarbeit konnte die Studienbelastung zumindest teilweise reduziert werden.

Ist Ihnen die Zeit an der EFH in guter Erinnerung?

Ja, ich erinnere mich gerne an mein Diplomstudium. Es bestehen noch viele Kontakte aus der Zeit und im Rahmen meiner neuen Aufgaben als Professorin treffe ich immer wieder ehemalige Studienkolleginnen und -kollegen. Aktuell entwickeln sich gerade interessante Kooperationen mit Pflegeschulen, um die Anforderungen und Entwicklungen der neuen generalistischen Pflegeausbildung gemeinsam von Seiten der Wissenschaft und Praxis zu gestalten.

Die Zeit hat viele Pflegepädagog*innen in Deutschland geprägt. Im Austausch über alte Zeiten fallen uns sehr schnell interessante Momente und auch einflussreiche Personen ein.

Welche interessanten Projekte beschäftigen Sie aktuell an der Hochschule Esslingen?

In meiner Funktion als Professorin für Pflegepädagogik möchte ich einerseits die aktuellen Entwicklungen der Pflege sowie deren Akademisierung aktiv mitgestalten und andererseits die Hochschullehre mit neuen Konzepten weiterentwickeln.

Im Wintersemester 2018/19 ist der Primärqualifizierende Studiengang Pflege (B.Sc.) an der Hochschule Esslingen in Kooperation mit der Universität Tübingen gestartet. Hierfür habe ich gemeinsam mit Kolleginnen ein Praxiscurriculum entwickelt, was nun erprobt und konkretisiert werden muss. In dem neu gegründeten Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaften werden in den kommenden Jahren vielfältige und interessante Aufgaben zu bewältigen sein. Besonders herausfordernd wird die Lernortkooperation zwischen Hochschule und den praktischen Studienorten sowie die Darstellung der Qualitätsunterschiede zwischen akademischer und berufsfachlicher Pflegeausbildung sein.

Im Rahmen der Hochschullehre gilt mein Interesse dem Erfolg der Studierenden und dem pädagogisch-didaktischen Dialog mit Lehrenden. Studierende in ihren Stärken und Interessen im Studium zu unterstützen und gleichzeitig die Ansprüche der Wissenschaftlichkeit und der Berufspraxis zu erfüllen, stellen Lehrende und Studierende vor vielfältige Herausforderungen.

In der Studieneingangsphase habe ich zum Beispiel einzelne Module dahingehend weiterentwickelt, dass überfachliche Kompetenzen verstärkt thematisiert und die Studierenden kooperatives Lernen in den Seminaren erfahren können. In den ersten beiden Semestern sollen darüber hinaus begleitende Tutorien durch Studierende aus höheren Semestern das Ankommen in der Hochschule und ein effektives und erfolgreiches Studium erleichtern.

Aktuell stehen mehrere Projekte mit Kolleg*innen aus anderen Studiengängen an, die langfristig die Implementierung von Reflexionsprozessen der Studierenden mit Lernprozessbegleitung durch Lehrende und peergroups in den gesamten Verlauf des Studiums zum Ziel haben.

Für die Weiterentwicklung in der Pflegebildung ist es neben der Förderung der Lernkompetenz mein Interesse, die aktuellen Entwicklungen in der generalistischen Ausbildung durch Erfahrungen und Konzepte zur Schulentwicklung sowie die Lernortkooperation von Theorie und Praxis, zum Beispiel mit dem Konzept der mehrperspektivischen Lernaufgaben, zu unterstützen.

Haben Sie den Sprung in die Lehre schon einmal bereut?

Nein, ich lehre seit mehr als 25 Jahren und habe weiterhin Freude, die Entwicklungen der Lernenden zu beobachten und zu begleiten. Die Ungewissheit im pädagogischen Handeln erfordert regelmäßige Reflexionen und gibt gleichzeitig Raum für Kreativität und Flexibilität.

Erfahrungsgemäß erfolgen positive Rückmeldungen zu Gestaltung der Lehre nach Abschluss der Ausbildung beziehungsweise des Studiums. Sehr erfreulich ist es dann vor allem, wenn Erfahrungen aus dem Lehr-Lern-Prozess in die Berufspraxis übertragen werden. Werden Werte der eigenen pädagogischen Haltung erkannt und übernommen, ist das besonders motivierend für die Lehre.

Was würden Sie Studierenden raten, die sich in Richtung Lehre entwickeln wollen?

Ich empfehle Studierenden immer, sich aktiv am Studium zu beteiligen. Nachdem sie sich im Grundstudium das Basiswissen angeeignet haben, sollten sie ihre persönlichen Interessen verfolgen und gezielt entsprechende Studieninhalte vertiefen.

Im Bereich der Pflegebildung halte ich es für zentral, sowohl die Kompetenzentwicklung der Lernenden als auch das Wohlbefinden und die Sicherheit der zu Pflegenden als Ziele der Pflegebildung im Blick zu haben.

Für eine professionelle Weiterentwicklung der Pflegeausbildungen sollten außerdem verstärkt professionelle Lerngemeinschaften in den Pflegeschulen eingeführt und umgesetzt werden. Diese Form von Zusammenarbeit kann im Studium bereits ausgiebig praktiziert werden.

Zu welchen Gelegenheiten waren Sie nach Ihrem Abschluss noch einmal an Ihrer „alten“ Hochschule?

Nach meinem Diplomstudium habe ich ja 2011 mit meinem Promotionsstudium begonnen. Nachdem Professor Dr. Karl-Heinz Sahmel außerordentlicher Professor an der UMIT in Hall in Tirol wurde, fiel mir die Entscheidung zur Promotion nicht schwer. Wir trafen uns dann in regelmäßigen Abständen in Ludwigshafen. Zunächst zu zweit und dann in der wachsenden Gruppe von Doktorandinnen und Doktoranden.

Ein weiterer Anlass zum Besuch der Hochschule waren die von Professor Sahmel jährlich initiierten pädagogischen Fachtagungen. An diesen Terminen trafen sich viele Ehemalige und diskutierten zu aktuellen Themen der Pflegepädagogik und Entwicklungen im Gesundheitswesen.

Würden Sie der Hochschulleitung oder Ihrem alten Fachbereich gerne noch etwas mit auf den Weg geben?

Für das Aufrechterhalten der Qualität des Studiengangs Pflegepädagogik an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen ist sicher weiterhin die Unterstützung der Hochschulleitung von großer Bedeutung. Und wie in allen Hochschulen brauchen wir den Ausbau von Studienplätzen in allen Pflegestudiengängen. Zusätzlich brauchen wir dringend für Pflegepädagoginnen und -pädagogen berufsbegleitende Studienangebote auf Masterniveau. Vielleicht sind hierzu künftig Kooperationen von mehreren Hochschulen mit Erfahrungen zu Pflegestudiengängen umsetzbar.

Im Fachbereich Sozial- und Gesundheitswesen wünsche ich vor allem meinem Kollegen Professor Dr. Armin Leibig weiterhin gutes Ankommen in der Hochschule, die notwendige Unterstützung im Team der Hochschullehrenden und nicht zuletzt interessierte Studierende.

Ganz herzlichen Dank für das Gespräch!

Alumna Prof. Dr. Mechthild Löwenstein
Alumna Prof. Dr. Mechthild Löwenstein (Bild: privat)

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