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Dimension: Lernmotivation

Jutta Rump; Imke Buß; Janina Kaiser; Melanie Schiedhelm; Petra Schorat-Waly

„Unter Lernmotivation versteht man allgemein die Bereitschaft eines Menschen, sich aktiv, mehr oder weniger dauerhaft und wirkungsvoll mit bestimmten Inhaltsbereichen zu befassen, um Wissen aufzubauen und die eigenen Fertigkeiten zu verbessern“ (Müller 2006, S. 39). Die Forschung zu Motivation und Lernmotivation hat eine langjährige Tradition. Sie beschäftigt sich mit unterschiedlichen Formen von Motivation (z.B. Selbst- und Fremdzuschreibung von Erfolg, Kontrolle, Leistungszielen), Motivationsprozessen (Gefühle, Selbstkontrolle) oder der Rolle des sozialen Umfeldes (Shah und Gardner 2008). Für die Motivation in der Hochschule werden nachfolgend einzelne interessante Ansätze zusammengefasst, die jedoch aufgrund der Breite des Forschungsfeldes keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben. Grundsätzlich sind Studierende motivierter, wenn der Lernerfolg für sie erstrebenswert ist und sie seine Erreichung als realistisch ansehen: „(1) the more they value the outcome and (2) the more they expect to achieve it“ (Fiske 2008, S. 9).

Theorien zur Leistungsmotivation (achievement goal theories) beschäftigen sich unter anderem mit der Frage, warum manche Studierende sich stark engagieren und andere für sie schwierige Aufgaben eher meiden. Die Frage nach der Leistungsmotivation oder dem Engagement von Studierenden ist für viele Lehrende relevant, da die Studierenden sich hierbei teilweise stark unterscheiden. Die Theorien der Leistungsmotivation (z.B. nach Atikson 1964) postulieren, dass Studierende ihre Leistung im Vergleich zu anderen Kommilitonen (performance goals oder Leistungsmotiv) oder anhand von normativen Standards (mastery goals oder Fachinteresse) überprüfen (Senko et al. 2008, S. 100; Viebahn 2008, S. 73 ff.). Ein wichtiger Unterschied in der Motivation der Lernenden liegt damit in dem Unterschied zwischen dem Leistungsmotiv gegenüber dem Fachinteresse oder anders ausgedrückt in der intrinsischen oder extrinsischen Motivation.

Intrinsisch, also durch Fachinteresse motivierte Studierende wollen primär neue Erkenntnisse gewinnen und sind am Lernen selbst interessiert. Für diese Studierenden ist es wichtig, regelmäßig Feedback zu ihrem Kompetenzzuwachs zu erhalten. Freiräume für Kompetenzentwicklung in der Lehrveranstaltung selbst oder durch Wahlmöglichkeiten ermöglichen diesen Studierenden, ihre Motivation aufrecht zu erhalten und ihre Kompetenzen selbstgesteuert weiterzuentwickeln (Viebahn 2008, S. 75; Pfäffli 2005).

Extrinsisch bzw. aus Leistungsmotiven heraus motivierte Studierende verbinden mit dem Kompetenzerwerb weniger stark ein Fachinteresse. Vielmehr dienen Lernen und Studium einem anderen Ziel (z.B. Ergreifen eines Berufs, soziale Anerkennung, Geld verdienen). Da das (erfolgreiche) Ablegen von Prüfungen für sie wichtig ist, fragen sie häufiger „Was wird geprüft?“. Um Erfolg zu erleben, sollte für sie das Studium fachliche Herausforderungen bieten und regelmäßige Leistungsrückmeldungen ermöglichen (Viebahn 2008, S. 75). Die Leistungsrückmeldung ist jedoch auch für primär intrinsisch motivierte Studierende hoch relevant. Ein weiterer für das Studium wichtiger Motivationsbereich ist das Fähigkeitsselbstkonzept, das Aspekte wie subjektive Kompetenz, leistungsbezogenes Selbstvertrauen, Selbstwirksamkeit und Erfolgserwartungen beinhaltet (mehr dazu Helmke und Schrader 2001). Studierende mit einem geringen Fähigkeitsselbstkonzept bedürfen der besonderen Unterstützung, um zumindest in der Anfangsphase durch eine strukturierte kleinschrittige Unterweisung zuverlässige Grundkenntnisse und Selbstvertrauen aufzubauen. Können Studierende keine Selbstwirksamkeit aufbauen, können Anreize und die eigene Motivation ihre Wirkung nicht entfalten.

 

Literatur
Atikson, J. W. (1964): An introduction to motivation. Princeton, New York: Van Nostrand.

Fiske, S. (2008): Core Social Motivations. In: J. Shah und W. Gardner (Hg.): Handbook of Motivation Science. New York: Guilford Press.

Helmke; Schrader (2001): Determinanten der Schulleistung. In: Rost (Hg.): Handwörterbuch Pädagogische Psychologie, 81-91: Psychologie Verlag Union.

Müller, F. (2006): Interesse und Lernen. In: REPORT 1/2006 (29). Online verfügbar unter www.die-bonn.de/id/3340, zuletzt geprüft am 13.12.2015.

Pfäffli, B. (2005): Lehre an Hochschulen. Eine Hochschuldidaktik für den Aufbau von Wissen und Kompetenzen. Bern, Stuttgart, Wien: Haupt Verlag.

Senko et al. (2008): Historical Perspectives and New Directions in the Achievement Goal Theory: Understanding the Effects of Mastery and Performance-Approach Goals. In: J. Shah und W. Gardner (Hg.): Handbook of Motivation Science. New York: Guilford Press.

Viebahn, P. (2008): Lernverschiedenheit und soziale Vielfalt im Studium: Differentielle Hochschuldidaktik aus psychologischer Sicht. Bielefeld: UVW Webler.

Zitation
Rump, Jutta; Buß, Imke; Kaiser, Janina; Schiedhelm, Melanie; Schorat-Waly, Petra (2017): Dimension: Lernmotivation. In: Rump, Jutta; Buß, Imke; Kaiser, Janina; Schiedhelm, Melanie; Schorat-Waly, Petra: Toolbox für gute Lehre in einer diversen Studierendenschaft. Arbeitspapiere der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen, Nr. 6. www.hwg-lu.de/arbeitspapiere

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