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Lernteam-Coaching

Imke Buß; Jutta Rump; Janina Kaiser; Melanie Schiedhelm; Petra Schorat-Waly

a) Beschreibung der Methode (gekürzte Darstellung)
Lernteam-Coaching ist ein Lehr-/Lernformat, das mit begleitetem und autonomem Selbststudium kombiniert werden kann. Der Schwerpunkt liegt nicht bei der Vermittlung von Wissen durch die Lehrperson, sondern bei der Begleitung in der Aneignung der Lerninhalte durch das Bereitstellen von gut aufbereiteten Materialien sowie dem Feedback zum Lernprozess. Das Format kann Präsenzveranstaltungen wie Vorlesungen komplett oder teilweise ersetzen.

Wozu ist es gut?
Das Lernteam-Coaching unterstützt das selbständige Lernen. Erfahrungen zeigen, dass durch Coaching begleitetes Selbstlernen zu den besten Studienergebnissen führen kann. Der Erfolg hängt in hohem Maße von der Vorbereitung und Einstellung der Dozierenden und der Studierenden für die neue Aufgabe als Coach bzw. als Selbstlerner/in ab. Zudem sind die Gruppengröße und die Häufigkeit der Coaching-Treffen für den Erfolg entscheidend.

Vorgehensweise
Das Lernteam-Coaching besteht aus drei wiederkehrenden Phasen, die sich alle 2-3 Wochen wiederholen:
1. Phase: individuelles Selbstlernen (Einzelarbeit)
Die Studierenden bearbeiten die Inhalte eigenständig, lösen Übungen, klären Verstandenes und Nichtverstandenes und formulieren Fragestellungen. Die Rolle der Lehrenden ist es hier, Lesehinweise, Verständnisfragen sowie integrierte Übungen zur Verfügung zu stellen.
2. Phase: selbstorganisiertes Lernen im Team
Die Arbeit im Lernteam dient den Studierenden dazu, gemeinsam mit Kommilitonen/innen den Text und die Aufgaben zu diskutieren. In dieser Phase sollen die Studierenden Fragen einbringen, den Inhalt (kritisch) diskutieren, sich gegenseitig unterstützen und abfragen.
3. Phase: begleitetes Lernen im Team mit dem Professor / der Professorin
In dieser Phase wird ein gemeinsames Treffen zwischen Lernteam und Professor/in durchgeführt. Hierbei soll das Gelernte vertieft und verfestigt werden und es besteht die Möglichkeit, offene Fragen zu diskutieren und Verständnislücken zu schließen. Unter Coaching ist in diesem Kontext die Unterstützung des/der Professors/in für den Lernprozess und die Wissens- und Kompetenzentwicklung zu fassen. Die Dozierenden moderieren die Sitzung, klären Fragen, bringen Ergänzungen ein und besprechen individuelle Lernfragen.

Durch die verschiedenen Durchgänge der drei Phasen sollten die Studierenden von Phase zu Phase sowohl die Inhalte reflektieren, als auch Verbesserungen in der Lernstrategie, der Vorbereitung auf die Treffen und die Zusammenarbeit in der Gruppe analysieren und besprechen.

Gruppengröße und Zeitaufwand
Bei einer Gruppe von 40 Studierenden und einer Lehrzeit von 2 SWS (Gesamtpräsenzzeit 18 Stunden) kann der/die Dozent/in im Dreiwochenrhythmus 10 Teams zu ca. 4 Personen während 30 Minuten coachen. Zwischenzeitliche Präsenzveranstaltungen können sinnvoll sein, um komplexe Sachverhalte in der gesamten Gruppe zu besprechen.

Raumausstattung
Keine besonderen Anforderungen. Idealerweise sollten den Gruppen Gruppenarbeitsplätze zur Verfügung stehen oder ein Seminarraum gebucht werden, um für die Gruppentreffen einen Raum anzubieten.

Material
Der/ Die Dozierende stellt den Studierenden verständliche Lerntexte, Lesehinweise sowie integrierte Übungen zur Verfügung.

b) Wie fördert/ fordert das Lernteam-Coaching die folgenden Diversitätsdimensionen?
Fachliche Vorerfahrungen & Vorwissen

Vorerfahrungen und Vorwissen können im Vorfeld abgefragt werden. Deren Berücksichtigung kann in einer angepassten Gruppenbildung für die zweite Phase resultieren. Durch den Wissenserwerb in Einzelarbeit und im Team ist ein individuelles Lerntempo möglich, welches unterschiedlichem Vorwissen entgegen kommt. Insbesondere bei fachübergreifenden Fragestellungen ist unterschiedliches fachliches Vorwissen vorteilhaft und hilft der Diskussion im Team. Problematisch können sehr große Unterschiede im Niveau der fachlichen und sozialen Kompetenzen innerhalb eines Teams sein. Der Erfolg hängt dann wesentlich von der Coachingleistung der Lehrenden ab.

Kernkompetenz selbständiges Arbeiten & Lernen
Das selbständige Arbeiten wird am stärksten in der Selbstlernphase und zum Teil auch in der Team-Lernphase gefordert und gefördert, da hier die selbständige Organisation des eigenen Wissenserwerbs im Vordergrund steht. Lernziele und geforderte Aktivitäten müssen transparent sein, damit die Studierenden ihren Lernprozess planen können. In der dritten Phase können Lehrende das Verständnis der Studierenden und den Kompetenzgewinn durch entsprechende Fragen beobachten.

Studienmotivation
Gerade die Selbstlernphase fordert Eigenmotivation und selbständiges Arbeiten. Das Format fördert und fordert die Fähigkeit der Studierenden, sich selbst und später auch das Team für eine Aufgabe zu motivieren. Feedback sollte in der dritten Phase erfolgen. Um die intrinsische Motivation anzusprechen ist es hilfreich zu ermöglichen, die Lerninhalte nach eigenem Interesse und Tempo zu gestalten und zusätzlich zu vertiefen und zu fokussieren.

Akademische & soziale Integration
Die Integration von Studierenden wird durch das Lernteam-Coaching stark gefördert. Die soziale Integration wird durch das Arbeiten im Team gefördert (peer-to-peer). In der Coachingphase werden der Austausch und das Feedback mit der bzw. dem Lehrenden gefördert. Ggf. ist es sinnvoll den Gruppenbildungsprozess als Lehrende/Lehrender zu unterstützen, um soziale Ausschließungsprozesse zu reduzieren.

Zeitliche & örtliche Restriktionen
Die zeitlichen und örtlichen Restriktionen sind geringer als in wöchentlichen Präsenzveranstaltungen. In der Selbstlernphase können die Studierenden sich eigenständig organisieren, in der Gruppenphase können passende Termine mit den Gruppenmitgliedern ausgemacht werden. Herausfordernd kann dabei sein, die unterschiedlichen zeitlichen Anforderungen der Studierenden zu koordinieren. Insgesamt ist ein regelmäßiges Selbststudium notwendig. Durch Onlinekommunikation (Telefonkonferenz, Chat, virtuelles Klassenzimmer, Dokumentendiskussion) können die Gruppenphasen alternativ ortsunabhängig organisiert werden.

Literatur
Fleischmann, P.; Geupel, H. (2003): Lernteamcoaching. Geschäftsstelle der Studienkommission für Hochschuldidaktik an Fachhochschulen in Baden-Württemberg. Nürtingen. Online verfügbar unter www.hochschuldidaktik.net/documents_public/
5._TdL_2003_-_Verfahren_94.pdf, zuletzt geprüft am 19.05.2016.

Grundert, C. (2014): Begleitetes Selbststudium planen und gestalten. In: Forschungsprojekt "Offene Hochschule Oberbayern".

Pfäffli, B. (2005): Lehre an Hochschulen. Eine Hochschuldidaktik für den Aufbau von Wissen und Kompetenzen. Bern, Stuttgart, Wien: Haupt Verlag.

Zitation
Buß, Imke; Rump, Jutta; Kaiser, Janina; Schiedhelm, Melanie; Schorat-Waly, Petra (2017): Lernteam-Coaching. In: Rump, Jutta; Buß, Imke; Kaiser, Janina; Schiedhelm, Melanie; Schorat-Waly, Petra: Toolbox für gute Lehre in einer diversen Studierendenschaft. Arbeitspapiere der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen, Nr. 6. www.hwg-lu.de/arbeitspapiere

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