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18-Spektrum-Juni2015

32 INTERNATIONAL Japan, Südkorea und Hongkong – unterwegs im Dienst der Wissenschaft von Frank Rövekamp Professor Dr. Frank Rövekamp, Leiter des renommierten Ostasieninstituts (OAI) und ausgewiesener Ja- panexperte lehrte und forschte im Wintersemester 2014/2015 als Gastprofessor an der Aoyama-Gakuin- Universität (AGU) in Tokio, mit der das OAI seit 2010 partnerschaftlich verbunden ist: Jährlich verbringen dort zwei Studierende des OAI ihr Auslandsjahr, während die AGU regelmäßig Studierende zur Summer School der Hochschule Ludwigshafen entsendet. In Tokio beschäftigte sich Rövekamp insbesondere mit der Übersetzung und Kommentierung der Fukushima-Tagebücher des japanischen Ex-Premierministers Naoto Kan, die im September 2015 in deutscher Sprache erscheinen, und mit Themen zum OAI-Forschungsgebiet Währungsraum Ostasien. Nach seiner Rückkehr hat er seinen Aufenthalt für „Spektrum“ zusammengefasst. S eit dem großen Tōhoku-Erdeben und dem sich anschließenden Atomunfall von Fukushima sind noch keine fünf Jahre vergangen. Damals war der Eindruck verbreitet, dass Japan am Abgrund stehe. Heute sieht die Welt schon wieder anders aus: Die Aktienkurse haben sich mehr als verdoppelt, die Exportwirtschaft floriert und für das Jahr 2020 wurde die Olympiade ins Land geholt. Der konser- vative Premierminister Shinzō Abe spielt jedoch mit hohem Einsatz. Die ultraliberale Geldpolitik birgt massive Gefahren und auch künftig soll die Atom- kraft als eine der Säulen für die Energiegrundlast erhalten bleiben. Währungsraum Ostasien Die aktuelle japanische Geldpolitik bot somit zu- nächst ausgezeichnete Anknüpfungspunkte zur ver- tieften Auseinandersetzung mit meinem Forschungs- schwerpunkt „Währungsraum Ostasien“. In Tokio eröffnete sich dabei die Möglichkeit, gute Kontakte sowohl zu Fachkollegen an verschiedenen Universi- täten als auch zur japanischen Zentralbank ͵Bank of Japanʹ und dem Finanzministerium zu knüpfen. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Ja- panstudien in Tokio gelang es schließlich, viele dieser Fachleute für ein Symposium zusammenzubringen, um Fragen der Finanzstabilität in Asien zu diskutie- ren – unter anderem mit dabei: Masaki Shirakawa, bis 2013 Gouverneur der Bank of Japan. Eine Konferenz zu diesem Themenkomplex ist auch im nächsten Jahr in Ludwigshafen vorgesehen. Die Aufarbeitung des Atomunfalls von Fukushima Eher ein Zufall dagegen führte zu meiner intensi- ven Auseinandersetzung mit dem Atomunglück von Fukushima und seinen Folgen. Bereits vor zwei Jahren stieß ich in Japan auf das Buch „Was mich als Premierminister während des TEPCO-Fukushima- Atomunfalls bewegte“ von Naoto Kan, dem dama- ligen Premierminister. Es war eine ungewöhnlich offene Auseinandersetzung mit dem Thema. Zu mei- ner Verwunderung lag bislang noch keine deutsche Übersetzung dieses wichtigen Buches vor, und nach einer kurzen Diskussion mit dem Verlag fiel dieser Auftrag mir zu. In Tokio hatte ich dann nicht nur die Gelegenheit, an dieser Übersetzung zu arbeiten, sondern auch einen tieferen Blick auf das Atomunglück und seine Folgen zu werfen: Das erdbebengefährdete Japan verfügt über mehr als 50 Atomreaktoren, von denen mo- mentan keiner am Netz ist. Die lokale Bevölkerung um die Atomkraftwerke möchte deren Wiederan- fahren verhindern, doch die Regierung Abe setzt in diesem rohstoffarmen Land weiter auf Kernenergie. Die Lösung des Konfliktes ist noch nicht absehbar. Pikanterweise begründet die japanische Atomlobby ihre Absage an eine Energiewende mit der Entwick- lung in Deutschland: Deren chaotische Umsetzung, die sich in stark erhöhten Energiekosten manifes- tiert und die Energiesicherheit aufs Spiel setzt, gilt den japanischen Atomenergiebefürwortern als ab- schreckendes Beispiel. Während der Recherchen zu diesem Thema hatte ich auch die Möglichkeit, Ex-Premierminister Kan, der heute seine politischen Aktivitäten ganz in den Dienst der Förderung der erneuerbaren Energien stellt, persönlich zu dem Thema zu befragen.

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