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18-Spektrum-Juni2015

46 FORSCHUNG & LEHRE wann getraut werden darf. Vermutlich sind Insti- tutionen umso vertrauenswürdiger, je geringer ihre Eigeninteressen sind. Wie gehen wir an der Hochschule damit um? Ein Rat: In guten wissenschaftlichen Arbeiten sind Quellen zu „diskutieren“. Es wird deutlich gemacht, welche Daten Grundlage für Argumen- tationen sind und wie kritisch diese Daten auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft wurden. Gibt es alternative Daten, werden diese genannt und mögliche andere Interpretationen zumindest in Erwägung gezogen. Der Konjunktiv wird hier zur herrschenden grammatikalischen Verbform: „Es könnte sein …, dann wäre dies so und so zu interpretieren.“ Die sechste Regel: Optionen aufzeigen! Selten sind Erkenntnisse eindeutig, sind Hand- lungswege alternativlos. Gerade bei komplexen Themen wie der Griechenland-Krise gibt es sicher- lich keinen eindeutigen Lösungsweg. Vielleicht gibt es überhaupt keinen. Krisen dieser Art sind unserer Generation fremd; wir wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen. Große gesellschaftliche Umbrüche, wie sie auch in Griechenland erfor- derlich wären, um Seilschaften und Patronagen aufzulösen, er- fordern große Erschütterungen. Früher gab es dafür Kriege! Das ist sicherlich nicht, was Joseph Schumpeter mit „schöpferi- scher Zerstörung“ meinte, aber die Logik dahinter ist die glei- che: Neue Strukturen entstehen auf den Trümmern der alten. Und wenn die alten nicht auf natürlichem Wege schwinden, müssen sie zerstört werden. Krieg wäre eine Lösung und ist zugleich doch keine. Der Preis ist zu hoch. Wir stoßen oft auf solche Di- lemmata: Der Königsweg ist unpassierbar. Also ist es unsere Aufgabe, alternative Routen aufzuzeigen, die jeweils Optionen darstellen. Jede Route hat dabei ihre Vorzüge und zugleich ihren Preis. Vorzüge und Kosten eines jeden Lösungsweges gilt es nun säuberlich zu skizzieren, und hier kommt die erste Regel ins Spiel: meinungsneutral bleiben! Ein guter Wissenschaftler wird die Optionen beschreiben und die Folgen messen, wofür er wiederum Kriterien be- nötigt (vierte Regel). Vielleicht kommt er so zu einer Rangfolge der Vorteilhaftigkeit von Optionen. Dar- auf kommt es dann an, wenn er um eine Empfeh- lung gebeten wird. Das unterscheidet einen Berater von einem Entscheider: Der Berater zeigt Optionen auf, der Entscheider muss eine davon auswählen und mit allen Konsequenzen verantworten. So auch in Griechenland. „Grexit“, „Graccident“ oder „Durchwursteln“ wie all die letzten Jahre: Alles sind Handlungsoptionen, die Berater, Pro- pheten und „Experten“ diskutieren können, aber entscheiden tun sie letzlich nichts. Entscheiden wird die griechische Regierung oder – wenn sie den Bogen überspannt – die Troika (egal, wie sie zu nennen ist). Unsere Aufgabe als Wissenschaftler Grundprinzip: funktionsfähiges Preissystem Primat der Währungs- politik Offene Märkte Privat- eigentum Vertrags- freiheit Haftung Konstanz der Wirtschaftspolitik EinkommenspolitikMonopolkontrolle Vorkehrungen gegen anomale Angebotsreaktionen Korrektur externer Effekte Abbildung 3: Die sieben Regeln des ORDO-Liberalismus

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