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17-Spektrum-Januar-Ausgabe-2015

38 Finger weg vom Smartphone! Warum Smartphones und Wearables in der Vorlesung nichts zu suchen haben von Jörg Kühnapfel Es pocht auf dem Handgelenk. Da … noch einmal! Schnell ein Blick auf die AppleWatch – ah! – eine WhatsApp-Nachricht von Jenni. Klar komme ich heute Abend mit ins Kino. Schnell eine Antwort schicken. Unbedingt jetzt. Nein, das kann nicht warten. Smartphone aus der Tasche, Tippen stört ja keinen. Hups. Was will der Prof von mir? Ich soll was? Erklären, was eine ertragsgesetzliche – Hä? – ist? Was interessiert denn das jetzt? Jenni wartet auf eine Antwort. Das Kino! S martphones haben in der Vorlesung nichts zu suchen! Ich meine hier nicht einmal das „Han- dy“ als Telefon. Einen Anruf zu bekommen, ist eh eine Seltenheit geworden. Ich meine ankommen- de Kurznachrichten. Die SMS, die Nachricht mittels WhatsApp, Threema, Twitter, Facebook-Messenger oder was auch immer. Eben jene Nachricht, die auf einen Blick zu checken ist, jene Nachricht, die sich aufdrängt, die sich das Recht nimmt, wichtig zu sein, jene,dieAufmerksamkeiteinfordert.Jetzt.Sofort.Und weil der Klingelton peinlich ist und es nur noch die Stillosesten brummen lassen, muss das Smartphone im Blickfeld liegen. Natürlich auch in der Vorlesung. Aberauchdasistbaldschonüberflüssig.„Wearables“ sindComputerexpansionen,derenAufgabeesist,das Input-/Output-Interfaceallgegenwärtigzu machen.Sie mischensichein!DieAppleWatchklopft,dieGoogle- Glassblinkt.IrgendwannwirdderMessanger-Ringam Fingerkribbeln.Undwasdanachkommt,magichmir nicht ausdenken. Meine neue elektrische Zahnbürste hat Bluetooth. Nein, das ist kein Wortspiel. Das ist Wirklichkeit. Das ist Schwachsinn. Ist das hier eine Technikkritik? Keineswegs. Das hier ist eine Menschenkritik. Wir wissen aus unzähligen ExperimentenundStudien,dassunserGehirnGrenzen hat: Es kann nur wenige Minuten konzentriert auf- merksam sein. Dann schweift es ab. Doch diese Zeit- dauerkanntrainiertwerden.Dasistwichtig.Längere Konzentration nutzt in der Berufswelt. Wir erfassen leichterArgumentationsstränge.Wirhörenbesserzu. WirsindeloquentereGesprächspartner.Wirverstehen Zusammenhänge; Fähigkeiten, die erfolgsrelevant sind für jeden, der mehr im Sinn hat, als sein Leben langrepetitiveSachbearbeitungsvorgängeabzuspulen. Aber: Wir lassen uns eben gerne ablenken. Wir wünschen das sogar, denn es ist unterhaltsam. Am Anfang war es das Telefonklingeln, anschließend ein „Ping“, wenn uns eine neue Mail erreichte. Dann kam das Popup-Fenster dazu: unten rechts, nur kurz, aber deutlich genug, um uns anzubrüllen, den Arbeitsvorgang zu unterbrechen und sofort die neue Mail zu checken. Oder das Klingeln des Handys und, perfider: das Brummen. Die erste physische Kontaktaufnahme eines Kommunikationsgeräts mit uns. Ein neuer Sinn wird adressiert. Wären Smart- Items Lebewesen und wäre Beachtung ihr Elixier, könnten wir dies als erfolgreiche Evolutionsstrategie bezeichnen. Und es geht weiter: Jetzt wird gepocht! Vor einigen Monaten stand ich mit einem Freund in ein Gespräch verwickelt auf der Straße. Sein Handy klingelte und er schaute aufs Display. Ich auch – „An- onym“. Und was machte er? Er nahm das Gespräch an. Was war die Botschaft an mich? Dass jeder An- dere, denn mein Freund wusste ja nicht, wer anrief, in diesem Augenblick wichtiger war als ich? Welche Botschaft senden wir unserem Umfeld, wenn wir in einem Meeting aufs Smartphone schauen. Oder – darum geht es hier – in der Vorlesung? EssindalsomehrereGründe,warumSmartphonesund Wearables in der Vorlesung nichts zu suchen haben: 1. Die Ablenkung zerstört unsere eigene Konzent- ration. Wir können der „Geschichte“ der Dozen- tinnen und Dozenten nicht folgen und verlieren den roten Faden. 2. Die Ablenkung zerstört die Konzentration der Nachbarn. Das Tippen des einen lenkt den an- deren ab. Wir belästigen. FORSCHUNG & LEHRE

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