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tn_spektrum15.pdf

31 International beeindruckt, aber bedrückt auch zugleich. Dazu trägt die große Formalität bei offiziellen Begegnun- gen bei, die kaum Raum für Spontanität und einen offenen Meinungsaustausch lässt. Auch hochran- gige Vertreter der Kommunistischen Partei Chinas gehen häufig mit schriftlich fixierten Erklärungen in ihre Gespräche und beschränken sich dann darauf, diese den Partnern vorzulesen. Deutsche Journalis- ten berichten darüber hinaus, dass es außerordent- lich schwierig ist, an zuverlässige Informationen über die politischen Prozesse in China zu gelan- gen. Pressekonferenzen im westlichen Sinne finden praktisch nicht statt, und kaum ein individueller Po- litiker stellt sich für Interviews oder auch nur tiefere Gespräche auf informeller Basis zur Verfügung. Nach den offiziellen Gesprächen gab es noch Gele- genheit zum Rundgang um den Tiananmen, hinter dem sich die Verbotene Stadt, die Residenz der al- ten Kaiser erstreckt. Auffällig sind hier die starken Sicherheitsvorkehrungen, etwa in Form von Sicher- heitsschleusen wie auf Flughäfen. Bereits offener gestalteten sich die Unterhaltungen bei der 北京师范大学 Beijing Normal University (BNU), einer der renommiertesten Hochschulen des Landes. Die BNU kooperiert sowohl mit der Hochschule Ludwigshafen als auch mit der Univer- sität Trier. Die Ministerpräsidentin und der Rest der Delegation konnten sich hier einen Überblick über das chinesische Hochschulsystem verschaffen. Die BNU und andere chinesische Spitzenuniversitäten scheuen nicht davor zurück, für viel Geld prominen- te Wissenschaftler auch aus dem Ausland zu enga- gieren, um ihre Lehre und ihren Platz in den interna- tionalen Ranglisten der Universitäten zu verbessern. Weitere Gespräche in Beijing erlaubten auch Bli- cke weit hinter die Kulissen. So wird berichtet, dass normale Arbeiter und Angestellte sich kaum noch eine Wohnung in der Stadt leisten können und oft Fahrzeiten von über zwei Stunden für den einfachen Weg zum Arbeitsplatz in Kauf nehmen müssen. Auch die Luftverschmutzung hat seit einiger Zeit sehr bedrohliche Ausmaße angenommen. Beim Pas- sieren eines völlig verdreckten Autos der deutschen Oberklasse bemerkte eine chinesische Gesprächs- partnerin, dass es so wohl auch in den Lungen vieler Menschen aussehen müsse. Dies alles kontrastiert mit dem teilweise sehr modernen Erscheinungsbild von Beijing, das von der erstaunlichen Entwicklung der letzten Jahrzehnte zeugt. Von Beijing begab sich die Delegation dann in die rund zweieinhalb Flugstunden entfernte Provinz Fujian an der Süd-Ost-Küste des Landes gegen- über der Inselrepublik Taiwan, die von China be- ansprucht wird, aber de facto unabhängig ist. Rund 37 Millionen Menschen leben in dieser auch land- schaftlich attraktiven Provinz, die damit fast zehn- mal so groß ist wie Rheinland-Pfalz. Die politischen Gespräche fanden in der Hauptstadt 福州 Fuzhou statt. Im Gästehaus der Provinzregierung empfing der Gouverneur 苏树林 Su Shulin. Bemerkenswert war, dass das pompöse Gästehaus, obwohl gar nicht weit von der Innenstadt, von normalen Taxifahrern nur schwer ausfindig zu machen war. Zugänglich für breitere Bevölkerungsschichten ist es daher offenbar nicht. Eindrucksvoll gestaltete sich das Abendes- sen im Gästehaus nach den offiziellen Gesprächen, das an einem runden Tisch mit über 60 Personen stattfand. Hier kam es teilweise zu durchaus lebendi- gen Gesprächen mit den chinesischen Gastgebern. Deutlich wurde jedoch auch, dass von chinesischer Seite insbesondere wirtschaftliche Themen von In- teresse sind. Welches wirtschaftliche Potential hat Rheinland-Pfalz, welche Unternehmen des Bundes- landes können noch in China investieren oder sich an Projekten mit chinesischen Partnern beteiligen? Politische und kulturelle Themen treten dagegen in den Hintergrund. Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Rheinland-Pfalz ist natürlich der Weinbau, und so stand die Förde- rung des Weins mit auf der Programmagenda der Delegation. Parallel war zudem eine Gruppe von Winzern aus Rheinland-Pfalz zusammen mit der deutschen Weinkönigin Nadine Poss in China un- terwegs. Nahe Fuzhou wurde der Spatenstich für ein großes Weinzentrum eines deutsch-chinesischen Unternehmers gesetzt. Vierzig Weinbaubetriebe aus allen Anbaugebieten von Rheinland-Pfalz werden künftig ihre Produkte über diese Schiene zu ver- markten suchen. Nach der geplanten Fertigstellung in zwei Jah- ren wird das Zentrum Raum für Weinpräsenta- tionen und -verkauf, Gastronomie und weitere

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